» Aufbau-Infos Jukis

Jugendkirche_gleisX

Kirchen(t)raum
Beratungsprozess und Diskussion bei der Raumkonzeption von Jugendkirchen

 

„Jugend Raum zu geben in Kirche ist ohnehin notwendig. Jugend Kirchenraum zu geben lädt dazu ein, dass auch Jugend der Kirche mehr Raum gibt im Leben…“

So einfach brachte es Jugendbischof Bode auf den Punkt, als er das Grußwort zum Symposium „Experiment Jugendkirche“ sprach, der reale Raum und der geistige, in wechselseitigem Einfluss. Aus den wenigen Experimenten von damals sind inzwischen über 240 Jugendkirchen-Projekte entstanden, immer wieder eröffnen neue (siehe Jugendkirchen-Internetportal  www.jukis.de  unter „Jugendkirchen Orte“) und laden Jugendliche ein, „ihren“ Raum in Kirche mitzugestalten. Coaching und Beratung nutzt dabei den Erfahrungsschatz früherer Projekte, schließlich soll das Rad nicht jedes Mal neu erfunden werden.

Fotos der unterschiedlichsten Raum-Settings helfen, Wünsche klarer zu formulieren, ein „Prozess-orientierter“ Aufbau von Jugendkirche folgt mit immer genaueren Justierungen.

Nach einem Bewerbungsverfahren und einer Kriterienliste ausgewählt, ist die zukünftige „Location“ noch wenig einladend: Ein klassischer, alter Kirchenraum, Ehrfurcht gebietend, vielleicht sogar einschüchternd, düster, hallig, kalt, sehr massiv und damit schwer veränderbar. Architekten haben es immer wieder verstanden, diesen Eindruck bewusst zu erzeugen: Umbauter Raum als Zeugnis des jahrtausendealten Glaubens, unverrückbar in Stein gemeißelt mit (Ehr-)furcht vor Gott. Voller Symbolik, die sich jungen Menschen keineswegs mehr intuitiv erschließt, jenseits ihrer Lebenswelten und ihrer Ästhetik.

Und daraus soll nun eine Jugendkirche (Juki) werden:  
Niedrigschwellig. Behindertengerecht. Eine mit Urbanität, Aufenthaltsqualität, einladender Gemütlichkeit, mit inspirierendem Studio-Charakter, anregender Veränderbarkeit, intuitiv erfassbar, mit frisch-frecher Gestaltung und gutem Design. Das gesamte Gebäude nachhaltig saniert, die Haustechnik auf dem neuesten Stand, energieeffizient und schallgedämmt, mit variabler Akustik und veränderbaren Raumgrößen, ebenerdigen Lagerflächen und modernster Veranstaltungstechnik.   

Geeignet für Workshops und Seminare, Konzerte, Theater, Film und Party, von 5 - 500 Personen und natürlich für kleine und große Event-Gottesdienste, mit sakralem Charakter, auf Knopfdruck mystisch. Nicht vergessen: Das Bistro-Café. Und alles möglichst rückbaubar.

Das klingt unmöglich, dennoch gelingt dieses Wunder immer wieder.

Das Denkmalamt wird anfangs Bedenken äußern, später dann froh sein, wenn eine historische Kirche nicht geschlossen, sondern neu belebt wird und Zugeständnisse machen.

Flexible Bestuhlung statt starrer Kirchenbänke ermöglicht unterschiedlichste Bespielung. Dabei sind die Erben der Architekten-Rechte zu hören, oft auch die „BeSitzer“ angestammter Sitzplätze und ein Blick in die Versammlungsstätten-Verordnung ist ebenfalls ratsam, 199 Sitzplätze sind ideal.

Optische Trennungen aus Vorhängen verstärken die Variabilität, müssen jedoch mit der Veranstaltungstechnik und Haustechnik abgestimmt sein.

Im katholischen Bereich, wo die „Heiligkeit des Raumes“ eine ganz besondere Bedeutung hat, wird mit Verlegung des Haupt-Tabernakels in die Seitenkapelle ein Kompromiss gefunden, um einen direkten Zusammenprall wilder neuer Juki-Nutzung mit dem Allerheiligsten zu entzerren – als kluge Hilfestellung für die Traditionalisten.

Das raumgreifendstes Mittel wird allerdings die anspruchsvolle Veranstaltungstechnik, bestehend aus Licht- Ton- und Multimedia-Komponenten.

Eine LED-Lichtanlage, die mit unterschiedlichsten Lichtstimmungen eine große Bandbreite von „Settings“ erzeugt. Dabei muss sie für das Reinigungspersonal oder einen normalen Gemeindegottesdienst einfach zu bedienen sein, während das Team von jungen „Light-Jockeys“ gleichzeitig genügend Freiheiten geboten bekommt, um in einem großen Eventgottesdienst eine Licht-Show zu „fahren“.

Eine Tontechnik, die es ermöglicht, mit Funkmikrofonen durch die Besucherreihen zu laufen und Leute zu interviewen (interaktiver Gottesdienst), ohne dass es pfeift. Lautsprecher, die trotz Halligkeit des Raums einen „trockenen“ Klang zaubern, mit guter Sprachverständlichkeit bei Gebeten und sattem Sound beim Konzert christlicher Bands. Erreicht wird das u.a. mit „Line Array PA-Systemen“, die ein wenig aussehen, als ob zwei Bananen von der Decke hängen.

Eine Projektionstechnik, die nicht nur die Nummern des Liederbuches anzeigt, sondern gleich den ganzen Text mit Noten, begleitender Bilder und ganzen Filmen.

Zugegeben, solche Technik ist aufwändig und teuer. Sie ist als Äquivalent zur Orgel zu sehen, denn die Musik Jugendlicher wird damit gespielt. Und genau so aufwändig, wie eine Orgel in den Kirchenraum integriert ist, muss auch diese Technik als raumprägendes, neues  Element eingeplant werden, von Profis. „Form follows Funktion“ gilt hier nur beschränkt, denn optisch unterschiedlichste Komponenten wollen zu einem stimmigen Ganzen komponiert werden.

Während die Beschaffungs-Notwendigkeit der Technik noch gut vermittelbar ist, fällt es vielen Erwachsenen schwer, die sichtbaren Aufhängungen („Rigging“, meist an Traversen) in „ihrer“ Kirche zu ertragen. Was für Juki notwendig ist, wirkt auf gestandene Kirchgänger manchmal  wie Gotteslästerung. Und schon sind wir über den Raum zum Grundlagenverständnis von Kirche und Glauben gekommen.

Bei Jugendlichen funktioniert das auch. Nicht wenige sind beim Betreten eines klassischen Kirchenraumes erst einmal leise, weil sie Gott nicht aufwecken wollen. Mit der Zeit trauen sie sich dann, Fragen zu stellen: Warum darf ich in der Kirche sogar tanzen? Oder wenn in der Jugendkirche TABGHA in Oberhausen wieder einmal ein Klettergerüst steht: Was sichert mich hier? Was sichert mich im Leben…?  Wir nennen das „Raumaneignungsmodell“: Junge Menschen eigen sich den Kirchenraum an und ganz nebenbei auch den Glauben. Das funktioniert, deshalb ist es empfehlenswert. Denn „Jugend Kirchenraum zu geben lädt dazu ein, dass auch Jugend der Kirche… “

Diesen Bericht und mehr interessante Berichte zum Thema finden sie im  Heft "baugerüst" 11.3. / Räume. Das Heft kann bei uns für  5,-€ zuzügl. Versandkosten unter willischoenauer@aol.com bestellt werden.

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